Arbeitnehmerinnen sind während der Schwangerschaft grundsätzlich vor einer Kündigung geschützt. Geht es dem Unternehmen schlecht, ist der Arbeitgeber aber unter Umständen zu einer betriebsbedingten Kündigung in der Schwangerschaft gezwungen. Was das für Schwangere bedeutet, zeigt dieser Beitrag.
Inhalt
- Ab wann genießen Schwangere besonderen Kündigungsschutz?
- Ist eine betriebsbedingte Kündigung während der Schwangerschaft möglich?
- Wie verhalte ich mich nach einer Kündigung?
- Fazit
Ab wann genießen Schwangere besonderen Kündigungsschutz?
Frauen sind ab Beginn ihrer Schwangerschaft durch das Mutterschutzgesetz (MuSchG) geschützt. Ab diesem Zeitpunkt darf ihnen grundsätzlich auch nicht mehr gekündigt werden (§ 17 MuSchG). Der Kündigungsschutz gilt nicht nur während der Schwangerschaft, sondern auch noch mindestens vier Monate nach der Entbindung. Im Einzelfall kann der Kündigungsschutz noch länger bestehen. Auch bei einer Fehlgeburt nach der zwölften Schwangerschaftswoche sind Sie vor einer Kündigung grundsätzlich in den folgenden vier Monaten geschützt. Eine Kündigung ist daher grundsätzlich ausgeschlossen.
Der Kündigungsschutz greift allerdings nur, wenn dem Arbeitgeber zur Zeit der Kündigung die Schwangerschaft, die Fehlgeburt oder die Entbindung auch bekannt ist. Haben Sie die Schwangerschaft beispielsweise verschwiegen, genießen Sie grundsätzlich auch nicht den besonderen Kündigungsschutz durch das Mutterschutzgesetz.
Doch keine Sorge. Die Mitteilung kann innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt der Kündigung nachgeholt werden. Der Kündigungsschutz gilt dann sozusagen rückwirkend. Die Kündigung wird dann durch die Benachrichtigung unwirksam. Die Mitteilung sollte stets schriftlich erfolgen (und z.B. per Einschreiben mit Rückschein), um im Zweifelsfall die Kenntnis des Arbeitgebers nachweisen zu können.
Ist auch die zweiwöchige Frist nach Erhalt der Kündigung bereits abgelaufen, lohnt es sich, die Mitteilung trotzdem noch schriftlich vorzunehmen. Haben Sie die Frist unverschuldet verpasst, schadet die verspätete Mitteilung nicht. Die Kündigung kann dann immer noch unwirksam sein.
Beispiel: A wird gekündigt. Drei Wochen später erfährt A bei einer Routineuntersuchung, dass sie im zweiten Monat schwanger ist. A hatte keine Kenntnis von der Schwangerschaft und es hatten sich bis dahin auch keine Anzeichen aufgedrängt. A hat die Zweiwochenfrist daher unverschuldet verpasst und kann die Kündigung durch Mitteilung an den Arbeitgeber unwirksam werden lassen.
Wann ist also der richtige Zeitpunkt, um dem Arbeitgeber über die Schwangerschaft zu informieren? Gehen Sie zu früh auf den Arbeitgeber zu, wird Ihr Arbeitgeber Sie am Arbeitsplatz womöglich fortan benachteiligen. Warten Sie zu lange, geht ggf. Ihr besonderer Kündigungsschutz verloren. Wir beraten Sie zum idealen Zeitpunkt in Ihrem Fall. Sie erreichen uns unter 0221 995 787 20 oder middel@ramiddel.de.
Ist eine betriebsbedingte Kündigung in der Schwangerschaft möglich?
In seltenen Ausnahmefällen ist eine Kündigung auch während der Schwangerschaft möglich, wenn sie in keinerlei Zusammenhang mit der Schwangerschaft steht. Dazu muss der Arbeitgeber allerdings die Zustimmung der für den Arbeitsschutz zuständigen obersten Landesbehörde einholen.
Eine Kündigung ist auch in diesem Fall nur denkbar, wenn dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zumutbar ist. Die Hürden hierfür liegen hoch. Wann ein solcher „besonderer Fall“ vorliegt, muss durch die zuständige Landesbehörde im Rahmen einer Interessenabwägung entschieden werden.
Die Behörde hat dabei nicht nur arbeitsrechtliche Aspekte zu beachten (z.B. Interesse an Weiterbeschäftigung vs. Interesse an wirtschaftlicher Entlastung), sondern vor allem auch schwangerschaftsspezifische Gründe. Insbesondere Ihre Gesundheit spielt dabei eine wichtige Rolle.
Dementsprechend wird die Behörde Ihrer Kündigung nur zustimmen, wenn es keine Möglichkeit mehr gibt, Sie im Unternehmen zu beschäftigen.
In den folgenden Konstellationen kann ein hinreichender Kündigungsgrund je nach Einzelfall anzunehmen sein:
- Kündigung wegen (insolvenzbedingter) vollständiger Betriebsschließung
- Ersatzloser Wegfall des Arbeitsplatzes; es reicht aus, dass der Arbeitgeber sein Betriebskonzept ändert und Stellen dauerhaft streicht. Das Gericht prüft dann nicht, ob die Stellenstreichung wirtschaftlich notwendig war (Beispiel: Eine Spedition lagert die Reinigung der LKW an eine Fachfirma aus. Die internen Reinigungskräfte werden nicht weiter benötigt. Der schwangeren Mitarbeiterin kann ggf. gekündigt werden).
Trotz dieser Gründe wird die Behörde nicht zustimmen, wenn die Kündigung auch noch nach Ablauf der o.g. Schutzfristen möglich ist.
Beispiel: Das Unternehmen stellt zum Ende des Jahres seinen Betrieb ein. Bereits im Januar kündigt der Arbeitgeber der im sechsten Monat schwangeren Arbeitnehmerin zu Ende März. Die Behörde wird die Zustimmung wahrscheinlich verweigern, weil das Unternehmen der Mitarbeiterin auch nach der Schwangerschaft noch rechtzeitig zur Betriebsschließung kündigen kann.
Kein ausreichender Kündigungsgrund liegt vor, wenn von mehreren Standorten nur einer geschlossen wird. Selbst wenn die schwangere Mitarbeiterin im betroffenen Standort gearbeitet hat, ist ihr vorrangig eine Stelle an einem anderen Ort anzubieten. Erst wenn sie dies ablehnt, kommt eine Kündigung in Betracht.
Besteht eine andere Möglichkeit, Sie weiterzubeschäftigen, muss der Arbeitgeber Ihnen dies anbieten – selbst wenn Sie dafür eine gewisse Umschulung benötigen. Bleibt das Angebot aus, wird die Behörde der Entlassung nicht zustimmen.
Beispiel: Im obigen Beispiel der Speditionsangestellten scheidet eine Kündigung aus, wenn die Mitarbeiterin mit zumutbarem Aufwand in die Lagerlogistik eingearbeitet und dort beschäftigt werden kann.
Vor der Schwangeren sind außerdem vorrangig andere vergleichbare Arbeitnehmer zu kündigen.
Bevor die Behörde mit ihrer Zustimmung eine solche Kündigung ermöglicht, werden Sie in der Regel angehört. Gegen die Entscheidung der Behörde können Sie vorgehen (durch Widerspruch gegen den Entscheid bzw. Erhebung einer Anfechtungsklage).
Achtung: Auf dem Kündigungsschreiben muss der Arbeitgeber zwingend einen Grund für die Kündigung angeben. Andernfalls ist die Entlassung angreifbar.
Wie verhalte ich mich nach einer Kündigung?
Da eine Kündigung während der Schwangerschaft regelmäßig unzulässig ist, sollten Sie sich gegen diese zur Wehr setzen. Dazu müssen Sie innerhalb von drei Wochen eine Kündigungsschutzklage erheben. Die Frist beginnt nach Zugang der Kündigung oder der Bekanntgabe der Behördenentscheidung – je nachdem, was früher eintritt.
Achtung: Verpassen Sie diese Frist, ist Ihre Stelle (in aller Regel) endgültig verloren.
Haben Sie dem Arbeitgeber die Schwangerschaft bisher nicht mitgeteilt, sollten Sie dies unverzüglich und schriftlich nachholen. Andernfalls riskieren Sie, dass die Kündigung wirksam wird. Sicherheitshalber sollte neben der Mitteilung Kündigungsschutzklage erhoben werden.
Des Weiteren können und sollten Sie auch gegen die Zustimmung der obersten Landesbehörde vorgehen. Dazu wenden Sie sich an das Verwaltungsgericht, nicht an das Arbeitsgericht. Je nach Bundesland ist zuvor ein Widerspruch bei der Behörde nötig. Erst wenn dieser abgewiesen wird, dürfen Sie klagen.
Aufgrund der kurzen Klage- bzw. Widerspruchsfrist von nur einem Monat sollten Sie umgehend nach Kenntnis von der Entscheidung der Behörde aktiv werden. In der Regel erfahren Sie schon vor Erhalt der Kündigung von einer Kündigungsabsicht des Arbeitgebers, denn die zuständige Behörde wird Sie in der Regel anhören und zu der Sachlage befragen.
Wir empfehlen, bereits vor Anhörung Rechtsrat zu suchen, um schon die Zustimmungserteilung durch die Behörde zu verhindern. Wir haben bereits zahlreiche Kündigungen erfolgreich angegriffen. Sie erreichen uns unter 0221 995 787 20 oder info@ramiddel.de.
Fazit
- Schwangere sind durch das Mutterschutzgesetz grundsätzlich vor einer betriebsbedingten Kündigung geschützt.
- Der besondere Kündigungsschutz greift nur, wenn dem Arbeitgeber die Schwangerschaft rechtzeitig mitgeteilt wird. Die Mitteilung kann bis zu zwei Wochen nach Erhalt der Kündigung erfolgen.
- In Ausnahmefällen ist eine betriebsbedingte Kündigung trotzdem zulässig, wenn die Kündigung in keinem Zusammenhang mit der Entlassung steht und die oberste Landesbehörde für Arbeitsschutz der Kündigung zugestimmt hat.
- Mit einer Kündigungsschutzklage können Sie gegen die Kündigung vorgehen. Diese muss innerhalb von drei Wochen ab Erhalt der Entlassung erhoben werden. Außerdem empfiehlt sich ggf. eine Klage gegen die Zustimmung der Behörde.
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